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Canon EOS 1D
ein Erfahrungsbericht von Stefan Bihl
© Stefan Bihl (Bild und Text) © www.dforum.de, 2003


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Mein Einstieg in die digitale EOS Welt vollzog sich schrittweise. Analog mit der EOS 1N und zuletzt der 1V fotografierend empfand ich meine ersten digitalen EOS (D30, D60 und 10D) immer etwas einschränkend, so dass ich zunächst die analoge 1V zusätzlich behielt. Mit der EOS 1D hatte ich die Hoffnung, das gewohnte Handling der EOS 1er Reihe zu behalten und dabei digital arbeiten zu können. Vor gut 4 Monaten habe ich mir dann die 1D gekauft. Nachfolgend meine Erfahrungen mit der 1D (Stand November 2003, Firmware 1.4.0).

Abb.01 - Ansicht der 1D Abb.02 - Ansicht der 1D Abb.03 - Ansicht der 1D

1. Die Wunschkamera?

Die technischen Daten der Kamera entsprechen fast meiner Wunschliste:
45-AF Felder, Crop 1,3, Handling der EOS 3 / EOS 1, Auslöseverzögerung 55ms, Sucherdunkelphase 87ms, gleichzeitiges Speichern von RAW und JPEG, Firewireschnittstelle, 100% Sucher, Tonaufnahme, 8 fps, X-Synchronzeit 1/500 sec, kürzeste Belichtungszeit 1/16000, Spritzwasser- und Staubschutz, 4,16 Megapixel - Halt! 4 Megapixel, das klingt nicht gerade nach meiner Wunschkamera.

2. 4,16 Megapixel - Die Bildqualität

4,16 Megapixel reicht das? Das ist die mir am häufigsten gestellte Frage zur Kamera. Und auch ich stand der Auflösung zunächst kritisch gegenüber. Um die Frage vernünftig klären zu können, habe ich deshalb einige Bilder auf 30x45 und auf 40x60cm ausbelichten lassen. Die Ergebnisse haben mich überrascht und zugleich überzeugt, selbst die Bilder in 40x60 sahen hervorragend aus. Für mich ist die Bildqualität damit absolut ausreichend.
So gesehen haben die 4,16 Megapixel sogar einen großen Vorteil: Auf eine 512 MB Speicherkarte passen etwa 100 RAW Bilder. Doch nicht nur beim Fotografieren ist der geringere Speicherbedarf hilfreich. Beim Archivieren spart man Speicher und insbesondere das Bearbeiten der Bilder am Rechner geht wesentlich schneller.
Abb.04 - Originalfile der 1D

3. Einstellmöglichkeiten

Bei der 1D lassen sich diverse Bildparameter kameraintern einstellen. Dabei ist dies nur für die im JPEG-Format aufgenommenen Bilder relevant. Auf RAW-Dateien kann man die Parameter später individuell am Rechner anwenden. Die kamerainterne Schärfung lässt sich in fünf Stufen regeln und diese lassen sich jeweils auf fünf Arten von Bildanteilen anwenden. Die groben, die wenig groben, die mittleren, die wenig feinen oder die feinen.

Abb.05 - Schärfe grob Abb.06 - Schärfe fein

Die Farbwiedergabe der Kamera kann man über fünf verschiedene Farbcharakteristika seinem eigenen Geschmack anpassen.

1 - Natürlicher Farbton und natürliche Farbintensität
2 - Farbton und -intensität für Porträts, für ebenen und gleichmäßigen Teint
3 - Farbton und -intensität wie bei einem Diafilm mit hoher Farbsättigung, um Farben klar abzulichten
4 - Adobe RGB*
5 - Niedrige Farbintensität
*Die Farbvalenz der Modi 1,2,3 und 5 ist auf sRGB eingestellt.

Die 1D bietet zwei Einstellungen zur Rauschreduzierung an (im deutschen Menü als Geräuschreduzierung übersetzt). Einen deutlich sichtbaren Unterschied zwischen den Einstellungen 'Aus', 'An1' und 'An2' konnte ich bisher in keinem der von mir aufgenommenen Bilder erkennen. Die Einstellung der Rauschreduzierung lässt sich allerdings auch bei RAW-Dateien nicht nachträglich am Rechner ändern. Das Rauschen der 1D ist jedoch äußerst gering.

4. ISO

Standardmäßig geht der einstellbare Bereich der 1D von ISO 200 bis 1600. Über die Individualfunktionen lassen sich auch ISO 100 und 3200 einstellen. Die ISO 100 Einstellung bringt aber eigentlich nur bei wenigen, sehr kritischen Motiven etwas. Im Normalfall reicht die Standardeinstellung von ISO 200 vollkommen aus. Bei der 1D kann man sich den aktuellen ISO Wert ständig im oberen Display anzeigen lassen, damit hat man ihn immer im Auge, und man vermeidet versehentliches Fotografieren mit einem "falschen" ISO Wert.

Abb.07 - Display mit ISO-Anzeige

5. Die individuelle Kamera

Die EOS 1D lässt sich mit 21 Individualfunktionen (C.Fn) und 25 Persönliche Funktionen (P.Fn) sehr gut den eigenen Vorlieben anpassen. Die C.Fns werden über das Kameramenü gesteuert, die P.Fns lassen sich ausschließlich über einen angeschlossenen Rechner einstellen. Auf einen Großteil der P.Fns kann man eigentlich verzichten. Am sinnvollsten finde ich die Möglichkeit, die Grundeinstellung, zu der man nach dem Drücken von "Clear" springt, selbst zu programmieren.









6. Weißabgleich

Der Weißabgleich funktioniert mittels der CCD-Daten und einem Zusatzsensor links oben am Kameragehäuse. Die Automatik arbeitet dabei sehr gut, und die Ergebnisse sind absolut zufrieden stellend.

Abb.08 - Sensor für Weißabgleich

7. Handling

Vom Handling und "look-and-feel" her unterscheidet sich die EOS 1D kaum von ihrem analogen Schwestermodell der 1V HS. Als Umsteiger kommt man sofort mit der Bedienung zurecht. Gehäuse, Akku und Speicherkarte bringen zusammen etwa 1,6 kg auf die Waage, die EOS 1D ist damit nicht gerade ein Leichtgewicht. Trotz ihres Gewichts liegt die Kamera gut und griffig in der Hand - auch für Fotografen mit großen Händen.

Abb.09 - vertrautes Bild für EOS 1-User Abb.10 - Akkufach der 1D Abb.11 - Hochformatauslöser

Insgesamt macht das Gehäuse der 1D einen sehr robusten Eindruck. Hier klappert nichts und die raue Oberfläche ist äußerst widerstandsfähig. Vorteilhaft bemerkbar macht sich das Gewicht, wenn man mit "langen Tüten" fotografiert. Die meisten Stativschellen sind anscheinend so gerechnet, dass sie im Schwerpunkt liegen, wenn eine EOS 1D, 1V HS, 1N HS oder 3 HS angeschlossen ist.

Sinnvoll gelöst ist bei der 1D die auf der Auslöserseite angebrachte Abblendtaste. So kann man mit einer Hand den Auslöser sowie die Abblendtaste betätigen und hat die andere Hand zum Zoomen, Fokussieren oder Verstellen des Stativkopfs frei.

Abb.12 - CF-Slot der 1D Abb.13 - schwere Tele an der 1D Abb.14 - Abblendtaste

8. Das Menü

Die Menüführung bei der 1D ist in vier Karteikarten geordnet, das Aufnahmemenü, das Wiedergabemenü, das Einstellmenü und das C.Fn/P.Fn Menü. Leider ist die Bedienung des Menüs fast nur mit beiden Händen möglich. Es fehlt hier die bei den meisten digitalen EOS vorhandene Set-Taste in der Mitte des Einstellrades.

Abb.15 - Menü-Ansicht der 1D Abb.16 - SELECT dient als OK-Button Abb.17 - kein SET-Button im Daumenrad

9. Das Display

Zur Bildbetrachtung bietet die Kamera vier Anzeigeoptionen, Einzelbild + Histogramm, Vollbild und 4 oder 9 Bilder gleichzeitig. Eine Lupenfunktion bietet die 1D nicht. Die Möglichkeit für eine sinnvolle Beurteilung der Schärfe hat man somit nicht. Zur Belichtungsbeurteilung hingegen eignet sich das Display erstaunlich gut. Unter- oder Überbelichtungen sind schon auf dem Display zu erkennen. Statt der DSLR-typischen zwei Displays hat die 1D drei. Dadurch kann man wertvolle Akkureserven sparen, denn den Weißabgleich, den ISO Wert sowie die Bildqualität kann man ändern, ohne den energiehungrigen Farbmonitor anschalten zu müssen.

Abb.18 - Bildkontrolle an der 1D Abb.19 - Bildkontrolle an der 1D Abb.20 - Bildkontrolle an der 1D

10. Der Sucher

Der Sucher der 1D ist hell und übersichtlich, leider aber kleiner als bei der 1V. Der fest eingebaute Okularverschluss der 1D, welcher mit einem kleinen Hebel rechts neben dem Sucher bedient wird, verhindert umständliches Gefummel mit einer Okularabdeckung. Die Augenmuschel kann dabei auf dem Sucher bleiben.

Abb.21 - Okularverschluss offen Abb.22 - Okularverschluss zu

11. Technik

Mit 1/500 sec ist die kürzeste Blitzsynchronisationszeit der 1D erfreulich kurz. Zwar lassen sich mittels der Highspeedsynchronisation auch bei Kameras mit einer längeren kürzesten Synchronzeit solche Zeiten beim Blitzen nutzen, dabei sinkt die Leitzahl jedoch kräftig; beispielsweise beim Speedlite 550EX von 55 auf unter 20 (ISO 100, 105mm). Die extrem kurze Synchronzeit ist nicht nur für Actionbilder hilfreich, selbst beim Aufhellblitzen bleibt ausreichend Spielraum.
Ähnliches gilt für die kürzeste Belichtungszeit von 1/16.000 sec. Besonders bei lichtstarken Objektiven und sommerlichen Lichtverhältnissen.

12. Highspeed Autofokus

Wie schon bei der EOS 1V und EOS 3 funktioniert der AF auch bei Objektiven und Objektiv-Konverter-Kombinationen mit einer effektiven Lichtstärke von f/8 statt der sonst EOS-üblichen f/5,6. In der Praxis hält der AF der 1D die Versprechungen ein, die er auf dem Papier gibt. Selbst schnelle Objekte werden sicher scharf gestellt, und Actionaufnahmen sind leicht möglich. Wer schon einmal mit einer EOS 1V oder der EOS 3 gearbeitet hat, deren AF vergleichbar arbeitet, dürfte dies bestätigen können.
Bei der 1D decken die 45 AF-Felder aufgrund des Crop Faktor gegenüber der analogen 1V immerhin ca. ¼ des Suchers ab und kommt damit einem Flächenautofokus (mit dem die 1V beworben wurde) zumindest ein wenig näher.

13. Die Serienbildfunktion

Mit 8 fps* ist der "Filmtransport" ideal für jegliche Art von Actionbilder. Dabei reicht der Arbeitsspeicher der Kamera für bis zu 21 JPEGs oder 16 RAWs. Wenn man damit den entscheidenden Moment verpasst ist die Kamera nicht mehr Schuld.
Bei Personenaufnahmen kann die hohe Geschwindigkeit ebenfalls sehr hilfreich sein: Ein schneller zweiter Schuss beim Portrait und man hat oft zwei sehr unterschiedliche Gesichtsausdrücke. Oder beim ersten Bild sind die Augen zu, einen Augenblick später (im wahrsten Sinne des Wortes) sind sie offen.
*gilt übrigens nur bei Offenblende. Wählt man z.B. beim EF 1,4/50 Blende 22 sinkt die Transportgeschwindigkeit etwa um die Hälfte durch das langsame Schließen der Blende.

14. Zubehör

Beim Zubehör sind die wechselbaren Mattscheiben und das optionale Antibeschlagokular bei der 1D positiv hervorzuheben.
Nachteilig ist der Preis eines Ersatzakku für die 1D, der stolze 150 Euro kostet und No-Name Varianten wie vom BP-511 gibt es bisher nicht.

15. Sonstiges

Sehr gut gefallen hat mir die kurze Einschaltverzögerung. Sofort nach dem Anschalten kann man fotografieren und muss nicht erst warten, bis der LCD Monitor kundgetan hat, dass es wirklich eine EOS ist die man in den Händen hält. Natur- und Sportfotografen werden sich zudem freuen, dass nach einer automatischen Abschaltung (Energiesparmodus) die Kamera durch den Druck auf den Auslöser ebenfalls sofort schussbereit ist. Eine Auslöseverzögerung ist praktisch nicht vorhanden und die Sucherdunkelphase erfreulich kurz.

Als Verbindung zum Rechner hat die 1D statt des Nadelöhrs USB 1.1 eine schnelle Firewire Schnittstelle. Wünschenswert wäre für mich eine zusätzliche USB 2.0 Schnittstelle (wie bei der Olympus E-1).

Abb.23 - Firewireschnittstelle der 1D

Bei im RAW-Format fotografierten Bilder hat man die Möglichkeit, sich 288x192 Pixel große Vorschaubilder mit jedem beliebigen Bildbearbeitungsprogramm anzeigen zu lassen (wie schon bei der EOS D2000). Man braucht die Bilder somit für eine schnelle Bildsuche auf dem Rechner nicht mehr zu konvertieren oder in ein spezielles Programm zu laden.

Schwierige Lichtsituationen lassen sich mit der Multispotmessung mit der 1D sehr gut in den Griff bekommen, ein für mich trotz oder gerade wegen RAW sehr nützliches Feature.
Für das Arbeiten mit großen Objektiven oder/und mit Spiegelvorauslösung ist die Selbstauslöserzeit von wahlweise 10 oder 2 sec sehr hilfreich.

16. Lieferumfang / Preis

Zum Lieferumgang gehören:
NiMH-Akku, Doppelladegerät, Netzgerät, Firewire-Kabel, Kameradeckel, Tragegurt, Griffschlaufe und das Software Paket.

Die UVP liegt bei 3499 Euro (Stand: Nov. 2003). Auf den ersten Blick erscheint der Preis im Vergleich zum analogen Schwestermodell EOS 1V verhältnismäßig hoch, deren UVP liegt bei 2299 Euro. Sinnvoll wird der Vergleich erst, wenn man die 1V als voll ausgebaute Version dagegen setzt. Mit dem Booster E2, Akku, Ladegerät, EOS Link Software und Griffschlaufe kostet die 1V mit etwa 3400 Euro genauso viel.

Abb.24 - Lieferumfang der 1D

17. Fazit / Wünsche

Das Arbeiten mit der EOS 1D macht einfach nur Spaß. Das etwas höhere Gewicht stört mich dabei kaum. Die Kamera liegt super in der Hand und ist sehr gut zu bedienen, wobei die Bildqualität selbst hohe Ansprüche erfüllt.
Doch trotz der Möglichkeit, qualitativ überzeugende Abzüge bis zum Format DIN A3 anfertigen zu lassen, wären 1 oder 2 Mio. Pixel mehr ein beruhigendes Gefühl, speziell bei Ausschnittsvergrößerungen.
Für längere Touren wünsche ich mir einen abnehmbaren Booster wie bei den analogen 1er Modellen.
Eine Set-Taste zur schnellen Bedienung des Menüs und eine Lupenfunktion für die Bildbetrachtung würden aus der EOS 1D dann endgültig meine Wunschkamera machen.

Stefan Bihl, November 2003

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